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Bolivien
Von San Pedro nach Uyuni

Lagunen-Hopping in den Anden

Lesedauer: ca. 14 Minuten

Drei Tage sind wir unterwegs vom chilenischen San Pedro ins bolivianische Uyuni. In einer organisierten Jeep-Tour, über die wir unzählige Horrorgeschichten gehört und gelesen haben.
Diese Geschichten handeln von betrunkenen oder eingeschlafenen Fahrern, von eiskalten Schlafsaalunterkünften ohne Duschen, von überfüllten Jeeps, die mitten im Niemandsland liegengeblieben sind, und von den Qualen, unter denen Tourteilnehmer leiden mussten, die Probleme mit der Höhe hatten, schließlich geht es auf bis zu fünftausend Meter hinauf.

Aber andere berichten, dass diese Tour das faszinierendste Erlebnis ihrer Reise war. Also entscheiden wir, dass wir bestimmt zu dieser Gruppe gehören werden, und buchen die Tour. Vorher verbringen wir vier Nächte auf etwa zweieinhalbtausend Metern, um uns wenigstens ein wenig an die Höhe anpassen zu können.

Die Grenze

Zunächst müssen wir über die Grenze von Chile nach Bolivien. Dass wir dafür mehrere Stunden brauchen, daran sind die Italiener schuld: Nadine und ich sind pünktlich am Treffpunkt, etwas anderes wird von uns als Deutsche auch gar nicht erwartet, und auch die beiden Franzosen aus unserer Gruppe sind da, nur die Italiener kommen nicht. Also warten wir. Und warten. Eine halbe Stunde. Zwischenzeitlich fahren alle anderen Reisegruppen an uns vorbei, zur Grenze.

Wir müssen uns also hinten anstellen. In eisiger Kälte warten wir erst vor dem chilenischen Grenzposten und dann vor dem bolivianischen.

Die Reisegruppe

Dann macht sich unsere Reisegruppe auf den Weg. Eine europäische Reisegruppe sind wir, schließlich ist nur unser Jeep-Fahrer kein Europäer, er ist naheliegenderweise Bolivianer. Allerdings heißt er Franz, was ja wohl deutsch und somit ebenfalls europäisch ist.

Die Italiener möchten zusammen bleiben, also quetschen sie sich zu siebt plus Fahrer in einen Jeep, während wir zu viert in dem anderen mitfahren. Das ist schon mal sehr komfortabel.

Franz ist nicht nur unser Fahrer, sondern auch Tourleiter, Küchenhilfe, Kellner und Automechaniker. Und als sich einmal die Türen unseres Jeeps nicht öffnen lassen, beweist er sogar Fähigkeiten als Einbrecher.

Die Lagunen

Nach kurzer Fahrt halten wir an einer Lagune an. Das ist die erste der zahlreichen Lagunen, an denen wir vorbeikommen werden.

Möglicherweise hört es sich ein wenig langweilig an, stundenlang von Lagune zu Lagune zu fahren, aber das genaue Gegenteil ist der Fall. Sowohl die Lagunen mit ihren unnatürlich wirkenden Färbungen des Wassers und der Uferbereiche als auch die Landschaft, in die diese Lagunen eingebettet sind, sind derart faszinierend, dass wir jedes Mal aus dem Staunen nicht heraus kommen.

Ich versuche immer wieder, das, was wir da sehen, auf ein Foto zu bringen, aber es gelingt mir nicht wirklich.

Das Wasser der Lagunen enthält die unterschiedlichsten Mineralien. Manche Lagunen sind giftig, wodurch sich naheliegenderweise keine Tiere dort aufhalten, dafür sind die anderen Lagunen umso mehr bevölkert, vor allem von Flamingos.

Die Tiere

Immer wieder tauchen Tiere mitten im Nichts auf. Unser Fahrer, Franz, erklärt uns immer ausführlich, was das für Tiere sind und wie sie heißen, aber merken kann ich mir das alles nicht.

Immerhin, einige wenige der hier lebenden Tiere kenne ich, beispielsweise die Vicuñas, denen wir unterwegs regelmäßig begegnen.

Das Lagunenschwimmbad

Wir kommen an einer Lagune an. Schon wieder, könnte man sagen.

Diese Lagune verfügt über einen vulkanbeheizten Zulauf, und an den wurde ein Swimmingpool gebaut. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Draußen ist es eisig kalt, und hier kann man in 38 Grad warmen Wasser baden. Perfekt.

Allerdings, die Höhe macht mir sowieso schon ziemlich zu schaffen, bei der geringsten Anstrengung komme ich außer Atem, ich habe Kopfschmerzen. Ob unter diesen Umständen ein Thermalbad eine wirklich gute Idee ist, da bin ich mir nicht so sicher.

Die Geysire

Nach den zahlreichen Lagunen wartet nun eine Abwechslung auf uns: Geysire.

Mit enormem Druck kommt der Dampf aus der Erde geschossen. Und dann wird er durch den starken Wind quer über das Feld gepustet. Da sich die Windrichtung laufend ein wenig ändert, wandert der Dampfschweif hin und her, und man muss aufpassen, dass man nicht plötzlich mitten drin in diesem nach Schwefel stinkenden Dampf steht.

Die Musik

In jeder europäischen Fußgängerzone gibt es sie, und nicht nur dort, die bunt gekleideten Indio-Bands mit ihren Flöten, Verstärkern und Lautsprechern, die dort ihre angeblich selbst produzierten CDs verkaufen.

Und so ähnlich wie diese Fußgängerzonen-Musik klingt auch die Musik bei uns im Auto. Aber hier passt sie.

Stundenlang begleitet uns diese Musik bei der Fahrt durch die Landschaft, auf Schotterpisten, Berge hinauf, durch Täler hindurch.
Außer Landschaft gibt es hier nichts, keine Dörfer, gar nichts.

Wenn ich das nächste Mal durch die Stuttgarter Königstraße spaziere, werde ich vermutlich unweigerlich an diese Tour denken.

Die bunte Lagune

Die letzte Lagune, an der wir heute vorbeikommen, ist die beeindruckenste, finde ich. Nicht ohne Grund heißt sie Laguna Colorada, die bunte Lagune.

Ein eiskalter, heftiger Wind bläst durch die Gegend, mitunter muss man aufpassen, dass man nicht weggepustet wird. Und vor allem, dass man nicht erfriert.
An einem Aussichtspunkt hat sich ein Verkäufer positioniert, der Kaffee und heißen Tee anbietet. Das ist unsere Rettung.

Die Unterkunft

Irgendwann kommen wir bei unserer Unterkunft für die heutige Nacht an.

Wir investieren zusätzliche 200 Boliviano, etwa 25 Euro, und wandeln dadurch diese Unterkunft in ein Luxushotel um: Statt in einem Schlafsaal übernachten wir in einem Doppelzimmer, wir haben ein eigenes Badezimmer, darin die beste Dusche ganz Südamerikas, und wir bekommen Handtücher und sogar Klopapier.

Es ist zwar eiskalt, schließlich befinden wir uns auf knapp viertausend Metern Höhe und soetwas wie eine Heizung gibt es selbstverständlich nicht, aber das Bett in unserem Luxuszimmer verfügt über ausreichend dicke Wolldecken. Im weiteren Verlauf unserer Bolivien-Reise werden wir uns noch nach dieser Unterkunft hier zurücksehnen.

Das Wasser

Was aber nicht so toll ist: Mein Rucksack, der auf dem Autodach transportiert wurde, ist tropfnass. Und der Inhalt auch. Wie geht das denn? Es hat den ganzen Tag über nicht geregnet, wie auch, schließlich war keine einzige Wolke am Himmel.

Später finden wir heraus, dass ein Wasserkanister der beiden Franzosen geplatzt ist, durch den Druckunterschied aufgrund der Höhe.

Diese Erkenntnis ändert aber nichts daran, dass nun mein Hauptproblem ist, wieder trockene Klamotten zu bekommen.

Die Felsen

Der nächste Tag beginnt recht entspannt: erst um neun Uhr fahren wir los.

Wir halten an mehreren Stellen in einem überdimensionalen Felsengarten. Hier gibt es Felsen, die aussehen wie ein Weltmeisterschaftspokal, andere wie ein Kamel, und dann gibt es noch Italia Perdida, das verlorene Italien, wobei es unserem Fahrer Franz nicht gelingt, uns zu erklären, warum diese Felsformation so heißt.

Apropos Italia Perdida: Mittlerweile wird es den Italienern doch zu eng in ihrem Jeep. Also steigt eine italienische Rentnerin um in unseren. Und ab jetzt haben wir eigentlich immer etwas zu schmunzeln: Die gute Frau ist mit allem überfordert, sie ist die ganze Zeit am Herumkramen und Machen und Tun, und jedes Mal müssen wir sie nach einem Stopp irgendwo einsammeln, weil sie nicht mitbekommt, wann und von wo wir weiterfahren.

Die versteckte Lagune

Ein kleiner Spaziergang führt uns zur letzten Lagune unserer Tour. Um dorthin zu kommen, müssen wir an unzähligen Lamas vorbei. Die sich durch uns nicht stören lassen bei dem, was sie gerade tun.

Und dann taucht die Lagune vor uns auf, eingerahmt in eine Felsenlandschaft.

Die Lagune bildet den Mittelpunkt eines Tals, das erstaunlich grün ist, ein heftiger Kontrast zu der trockenen Gegend darum herum.

Die Schlange

Einige Kilometer weiter hat man einen traumhaften Blick in das Tal hinunter, durch das sich ein kleiner Fluss hindurch schlängelt. Unser Fahrer hat uns dieses Tal als Anakonda angekündigt, jetzt wissen wir, warum.

Aber um den Blick in dieses Tal zu bekommen, muss man sich auf einen Felsen legen, der über dieses Tal ragt. Ein gutes Training gegen meine Höhenangst.

Das Dorf

Wir kommen in einer Ortschaft an, der ersten auf unserer Tour, hier wird es ein Mittagessen geben.
Sehr einladend wirken diese bolivianischen Dörfer auf den ersten Blick nicht.

Vor drei Tagen hat Nadine ihr iPhone unter Wasser gesetzt. Was eine beachtenswerte Leistung war, schließlich haben wir uns mitten in der Atacama-Wüste befunden, der trockensten Wüste der Welt.
Und nun sollte eigentlich genug Zeit zur Trocknung verstrichen sein. Nadine schaltet das Gerät ein ... und ... nein, das wäre zu viel Glück gewesen, es funktioniert nicht mehr. Mist.

Noch ein Dorf

Nach einigen weiteren Attraktionen kommen wir erneut in ein Dorf. Wie im Wilden Westen, so wirkt es auf uns.

Eine Bahnlinie führt durch den Ort, und es ist kaum zu glauben, dass hier tatsächlich noch Züge fahren. Wenn auch hauptsächlich nur Güterzüge, die Mineralien aus den Minen transportieren.

Der Grund, warum wir hier halten, ist, dass es hier einen Kiosk gibt. Und zwar einen, der zahlreiche ausgefallene bolivianische Biersorten führt, beispielsweise Bier mit Quinoa, das hier überall wächst, oder mit Koka.

Ein Bier ist jedenfalls ein guter Grund für einen Stopp, denke ich, vorallem, weil wir uns mittlerweile in nicht mehr allzu hoher Höhe befinden und ich mir nun tatsächlich zutraue, ein Bier zu trinken, ohne danach umzukippen. Gestern noch hatten Nadine und ich gegen heftige Kopfschmerzen und Schwindel kämpfen müssen, aber heute geht es wieder. Prost.

Das Salzhotel

Wir kommen an unserer heutigen Unterkunft an, ein Hotel, das aus Salz gebaut wurde.

Auch diesmal investieren wir wieder ein paar Boliviano extra und bekommen ein luxuriöses Doppelzimmer für uns.

Und dann, als wir unsere Rucksäcke vom Autodach holen, stellen wir fest, dass wieder alles nass ist. Das darf doch wohl nicht wahr sein!

Diesmal war es unser eigener Wasserkanister, der geplatzt ist.

Es bleibt nun nicht viel Zeit, unsere Sachen trocken zu bekommen, denn morgen geht es bereits um halb fünf los: Zum Sonnenaufgang wollen wir in den Salar der Uyuni, die größte Salzwüste der Welt.

Land:Bolivien
Ort:Von San Pedro nach Uyuni
Reisedatum:02.12.2018 - 03.12.2018
Autor:Manuel Sterk
Veröffentlicht:06.12.2018
Leser bisher:180

Deine Meinung zu dieser Reiseerzählung:


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Katha
Ich stelle mir schon vor, wie ihr euch in Ponchos und mit Panflöten Euern Wein in der Höldi verdient😂
Toller Blog übrigens!!
Manuel
Danke!
Das mit den Panflöten ist eine gute Idee. Gestern hat eine Holländerin vor unserem Hostelzimmer Flötenspielen geübt, vielleicht kann ich ja bei ihr Unterricht nehmen ;)
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